Angenommen, ein Bazillus infiziert einen geschwächten Körper, dessen Immunsystem leider nicht mehr so funktioniert, wie man es üblicherweise von einem (durchschnittlich) gesunden Organismus erwarten würde. Diese Schwäche kann viele Gründe haben, z. B. Verletzungen, andere Vorschädigungen, hohes Alter, lange starke Belastungen, zu wenig Erholungsphasen, vorangegangene Fehlmedikation usw.
Dieser Körper ist also schon ziemlich angeschlagen und kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Offiziell heißt es natürlich, er könne vor Kraft kaum laufen. Das sagt man gern, um niemanden zu beunruhigen. Doch ein Blick in die trüben Augen, angeblich die Fenster der Seele, ernüchtert. Gegen bakterielle Krankheitserreger, Viren oder auch Parasiten kann sich dieser Organismus nicht mehr wehren, obwohl die ihn ja auch sein Leben lang begleitet haben. Da ist aber diese widerwärtige Bazille – aus Gründen der Gender-Gerechtigkeit tendiere ich doch zur weiblichen Form – eigentlich ist die gar nicht so gefährlich, es gibt schlimmere, das wissen wir, und einem gesunden Körper könnte die nicht viel anhaben – ein paar Mal niesen, gut ausschlafen und dann eine kalte Dusche – und fertig. Manche Menschen würden diese Infektion gar nicht wahrnehmen und lachen drüber. Aber diese Bazille hat sich nun mal eingenistet und will einfach nicht weichen … Es ist fast so, als könne man ihre üblen Ausdünstungen, ihren Verwesungsgeruch riechen, wenn man Bilder von ihr (in medizinischen Abhandlungen) sieht.
Klar, diese stinkende Bazille kann auch diesen guten Körper zerstören, der mal was war, der immer noch nach was aussieht – aber der Schein trügt, eigentlich ist der nur noch ein Schatten seiner selbst. Das ist der Lauf der Zeit, sagt man auch, und besonders ein kranker Körper spült noch massig Umsatz in die Kassen. Und dann erst das Vermächtnis … Sollte man im Blick behalten. Aber so weit denken wir gar nicht. Der Körper soll ja wieder gesunden und aufblühen, oder zumindest soll er sich aufrappeln.
Diese Bazille jedenfalls, die sollte man zwar nicht unterschätzen, aber wäre sie weg, kämen wiederum andere Bazillen oder neue Viren aus fremden, noch unbekannten Stämmen und nähmen sogleich den Platz der alten Bazille ein. Klar, die alte Bazille muss bekämpft werden, aber sie ist nicht die primäre Ursache der Schwäche, des Leids, des Unheils. Jede Bazille macht nur ihren Job. Und schon gar nicht würde man gerade diese oder jene opportunistische Bazille als die mächtigste Bazille der Welt bezeichnen oder? Das wäre absurd und ungerecht.